Wednesday 23 July 2014

Wenn englischer Humor den Deutschen begegnet

Der folgende Briefaustausch war einer der Höhepunkte meiner Woche. Englischer Humor wurde mit deutschem Humor beantwortet. Ich schrieb:




"Sehr geehrter Herr Scherer,

Ich besuchte heute Ihre Internetseite zu den Länderschwerpunkten der IHK bundesweit (http://www.info-weltweit.de/) und stellte mit Bestürzung fest, dass das Vereinigte Königreich merkwürdigerweise dort nicht vertreten war.

Da wir momentan einem Wirtschaftswachstum von über 2,8 % genießen und drittgrößter Exportpartner der Bundesrepublik sind, fragte ich mich was der Grund für unsere Abwesenheit sein könnte.

Es kamen dabei recht schnell eine Anzahl von Möglichkeiten in den Vordergrund. Vielleicht können Sie auf die passende Antwort hinweisen:
  1. Geschäfte mit dem Vereinigten Königreich sind derart selbstverständlich, dass sie keine Erwähnung bedürfen.
  2. Premierminister Cameron hat seine europäischen Kollegen derart vergrämt, dass sie das ganze Land ausgeschlossen haben.
  3. Das britische Wetter ist einfach zu regnerisch (erklärt auch warum Irland nicht in Ihrer Liste ist).
  4. Unser Bier.
  5. Sie meinen, dass so nahe an der Fußballweltmeisterschaft es vielleicht diplomatischer wäre den Kontakt vorerst abzuwarten.
  6. Man ist beleidigt, dass William, Kate und George den halben Globus umreisen um Australien zu besuchen, wobei Deutschland einfach ein Katzensprung über den Kanal entfernt ist.
  7. In Anbetracht unserer legendären Höflichkeit haben sie sich angepasst und anstatt sich hervorzuheben, warten sie auf einer Einladung uns zu besuchen.

Ich hoffe Sie haben diesen Brief mit einem entsprechenden schmunzeln gelesen und mir dabei auch für die gelegentlichen Schnitzer mit der deutschen Rechtschreibung und Sprache vergeben.

Ich freue mich auf eine baldige Antwort.

Mit freundlichen Grüßen aus einem ungewöhnlich sonnigen warmen Cambridge,

Chris Thomas

Dr Chris Thomas, Director, Milton Contact Ltd"

Die Antwort kam schon am nächsten Tag:

"Sehr geehrter Herr Dr. Thomas,

an dieser Stelle schreibe ich üblicherweise, dass ich mich sehr über die Anfrage / Anmerkung / Reaktion zu unserer Website gefreut habe. Das stimmt natürlich immer, aber sehr selten war dies so vollumfänglich richtig, wie bei Ihrer Anfrage.

Wie Sie wissen, beneiden wir Deutsche unsere englischen Freunde nicht nur für deren ausgesprochen hinreißenden Humor, sondern auch für die nahezu allgegenwärtige aristokratische Höflichkeit und Bescheidenheit. In diesem Zusammenhang ehrt es Sie, sieben potentielle englische Eigenheiten aufzuzählen, die natürlich ebenso charmant wie klischeehaft das Vereinigte Königreich beschreiben. Es wäre für mich aber ein Leichtes, Ihnen mit mindestens 70 deutschen Eigenheiten zu antworten, die ebenso zu hinterfragen wären.

Aber wenn Sie schon die Fußballweltmeisterschaft ansprechen. Ich persönlich finde, dass man bei aller Kritik an der englischen Mannschaft, das hochverdiente Unentschieden gegen Costa Rica nicht vergessen darf.

Nun aber zu Ihrer Anfrage. Sie haben recht, tatsächlich ist es so, dass das Vereinigte Königreich nicht als bundesweiter Schwerpunkt von einer IHK besetzt wird. Dies bedeutet aber keinesfalls, dass die IHK-Organisation nicht über Ihr Land berät, Veranstaltungen organisiert oder ähnlich tolle Dinge anbietet. Im Gegenteil. Alle 80 deutschen IHKs betreuen eigenverantwortlich Ihr Land, allerdings jeweils nur für ihr regionales Zuständigkeitsgebiet und nicht bundesweit. Zudem ist Ihr Land ja bekanntlich hochmotiviertes Mitglied und unverzichtbare Stütze der Europäischen Union, so dass Geschäfte mit dem Vereinigten Königreich eher selbstverständlich und leichter sein sollten, als dies beispielsweise mit China der Fall ist. Insgesamt bilden sich solche überregionalen Länderspezialisierungen insbesondere für Länder, die ausgewiesenes Expertenwissen bedürfen, das nicht an 80 Standorten bereitgestellt werden kann. Hinzukommen noch einige historisch gewachsene Schwerpunkte, beispielsweise von Ländern, die erst seit kürzerer Zeit in der EU sind.

Leider gehen bei den deutschen IHKs vergleichsweise wenige Anfragen zu Ihrem Land ein. Dies mag vielleicht auch an den bereits oben erwähnten gesunkenen formalen Anforderungen wie beispielsweise den fehlenden Zollvorschriften liegen.

Ich hoffe, es ist mir gelungen, Ihre völlig berechtigte Anfrage einigermaßen zufriedenstellend zu beantworten. Noch einmal vielen Dank für Ihre ausgesprochen nette Anfrage. Und hoffentlich bleibt Ihnen die Sonne in Cambridge noch lange gewogen.

Freundliche Grüße

Volker Scherer
Geschäftsführer
Geschäftsbereich International
Industrie- und Handelskammer für die Pfalz
"

Ich lächelte noch lange nachdem ich den Brief gelesen hatte. 

Aus professioneller Sicht sollte man sich natürlich im geschäftlichen Briefverkehr neutral halten, besonders da beim Briefwechsel mit vorerst unbekannten Gesprächspartnern einiges daneben gehen kann. Doch in diesem Falle lief die Ausnahme positiv aus. 

Ein bisschen Mensch sein ist gelegentlich beiderseits erlaubt.

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