Dies ist eine britische Perspektive zu Camerons Alleingang und warum er unvermeidlich war. Die einfache Antwort ist, es wäre politischer Selbstmord gewesen, für Cameron und die regierende Koalition. Die Hintergründe sind natürlich etwas komplizierter.
Europa – das heiße Eisen
Europa war schon vor Großbritanniens Eintritt in die EU ein umstrittenes Thema. Aus reiner wirtschaftlicher Sicht aber war der Eintritt unumgänglich. In den Dreißig Jahren seit Thatcher haben wir uns von das ständig streikende, dritt-ärmste Mitglied der EU, in das dritt-reichste Land der EU verwandelt.
Politisch war es aber problematisch pro-europäische Äußerungen zu sehr zum Ausdruck zu bringen. Weil man lieber das Thema mied, wurde es immer schwieriger positives über Europa zu äußern. Nur die Liberalen wagten es offen zu tun.
Einfluss der Presse
Die Zeitungspresse hatte dagegen keine Hemmnisse über Europa zu reden. Was macht am besten Schlagzeilen? Schlechte, oder noch besser, skurrile Nachrichten haben einfach mehr Schlagkraft als die Guten. Hinzu kommt eine erstaunlich erfinderische Ader neuer Mythen, über sinnlose Gesetze und Regelungen die dem armen britischen Volk von Brüssel aufgezwungen werden sollen. Allein in den letzten Monaten hatten wir:
- EU Flaggen-Zwang auf Trikots der englischen Footballmannschaft (Daily Mail 11/11/11)
- Neue EU Regelung wird das Aufblasen von Party-Ballons durch Kinder verbieten (Daily Telegraph, 9.10.11)
- Verrückte EU Regel für kältere Kühlschränke wird uns £100m kosten (Daily Mail 12.12.11)
Skepsis gegen Autorität
Einerseits sind die Briten weltoffen und tolerant. Dagegen steht eine starke Spur von Individualismus und ein gesundes Misstrauen der Autorität gegenüber, besonders wenn dies die eigene Freiheit einschränken könnte. Wenn dann noch die Möglichen Schranken, Regeln, Gesetze von außerhalb kommen, gibt es eine heftige Gegenreaktion. Dies ist auch wirtschaftlich der Fall für große und kleine Firmen die alleine gelassen werden wollen.
Der Trend in GB ist zur Verteilung der Macht von der Mitte nach außen, zurück zu den Nationen und ihre Regionen. Weniger, nicht mehr Regelung wird angestrebt.
Das Ergebnis
Keine starke pro-europäische Stimmen, eine ständige Flut von kontra-europäischen Nachrichten und eine natürliche Skepsis der Autorität gegenüber. Das ergibt eine öffentliche Meinung die weitgehend die EU mit Misstrauen betrachtet. Sie wollen nicht mehr übernationale Einschränkungen sondern mehr örtliche Selbstbestimmung.
Politisch sind unsere nationalen Abgeordneten direkt mit der Wählerschaft verbunden. Wir haben ein „One Man One Vote“ System. Damit sind die Politiker besonders empfindlich für die Meinungen Ihrer Ihrer Wähler. Das zieht dann höher ins regierende „Cabinet“ der Minister mit.
Der Widerspruch
Da sitzen wir nun mit Politikern, denen sehr bewusst ist, dass 60% der britischen Wirtschaft eng an den Mitgliedern der EU verbunden ist. Sie können aber keine stark-positive Äußerungen zur EU von sich geben. Die Konservativen sind hier noch konservativer!
Cameron hatte keine Wahl
Cameron wurde in einer Situation versetzt wo mehr Zusammenarbeit mit weitere Einschränkung der nationalen Entscheidungsfähigkeit verlangt wurde. Hinzu sollte ungeklärte Summen zur unterstützen des Euros versprochen werden, als Land außerhalb des Euros?
Hätte Cameron zugesagt, dann wäre seine Position daheim nicht mehr zumutbar. Die Regierung wäre gestürzt und die britische Wirtschaft wieder abgesackt.
Die letzten zwei Wochen weisen darauf hin dass Cameron die richtige Entscheidung getroffen hat im weiteren europäischen Sinn. Trotz große Sprüche zur Euro-Einheit haben die anderen Mitglieder sich noch davon abgehalten die Riesensummen (Billionen) ihrer eigenen Reserven zur Unterstützung des Euros zu verwenden. Eine Konsequenz - Das Pfund steigt gegen den Euro.
Nach der anti-britischen Hysterie kommt die realistischere Einstellung – GB ist einer der Haupt-Finanzierer der EU. Wir sollten auch wieder am Gesprächstisch sein.
Was wir nun in Großbritannien brauchen ist eine offenere Diskussion über den wahren Wert mit unseren europäischen Partnern zusammenzuarbeiten.
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