Monday, 19 March 2012

Bekleidungsregeln („Dress Code“) in England


Es ist traurig aber wahr, Großbritannien, eines der Modezentren Europas, zeigt einen Hang zum Konservativen, besonders was den eher geschäftlichen Dress Code angeht.

Der oft entspanntere Dress Code in Deutschland ist entweder farblich oder sonst abwechslungsreicher, z.B. dezenter Sakko mit ordentlichen Jeans in Farben außerhalb der grauen/blauen Farbpalette.
Businesswear

In GB gilt ein eher hierarchischer Dress Code 
  • Angestellte ohne direkten Kundenkontakt: können sich meistens leger kleiden, wenn die Firma keinen Dress Code festgelegt hat.
  • Angestellte mit Kundenkontakt: Wenn es keine Dienstkleidung gibt, dunkler Anzug mit weißem oder nicht zu auffällig gefärbtem Hemd und passende Krawatte. Frauen oft in Kostüm oder Hosenanzug.
  • Mittleres Management: Einfacher Anzug in grau oder blau, wobei dunkle Töne vorzuziehen sind, hellgrau möglich. Krawatte zum Hemd. Andere Variation ist ein Blazer mit grauer oder dunkelblauer Hose (Navy Blue) mit Bügelfalten. Als Frau genießen Sie sowohl bei Farbe als auch Auswahl der Kleidung mehr Freiheiten, solange es seriös aussieht.
  • Top Management: Konservative dunkle oder gestreifte dunkle Anzüge. Frauen tragen entsprechende Kleidung mit etwas mehr Wahlmöglichkeiten.
  • Super Management: Sie können tragen, was Sie wollen!
Natürlich gibt es Ausnahmen für diese „Regeln“: 
  • In der Modebranche ist die Kleidung abwechslungsreicher, da modische Kleidung branchentypisch ist
  • Auch Künstler haben mehr Freiheiten.
  • Wissenschaftlern widerstrebt es oft, Anzüge oder Sakkos anzuziehen, und man ist grundsätzlich sehr leger. Ausnahmen sind Firmenbesuche oder Professoren/Dozenten mit vielen Außenkontakten. Jemand im Business Dress in einer Uni fällt sofort als Vertreter einer Lieferfirma oder Industriefirma allgemein auf.
  • In handwerklichen Berufen ist die Grenze, wo ein Anzug oder wenigstens ein Blazer gebräuchlich ist, fließend. Hier wird noch die Unterscheidung zwischen „Kumpel“ und „Management“ durch die Kleidung ausgedrückt.
  • Freiberufliche Geschäftsführer von KMUs tragen meistens Anzüge oder Sakkos/Blazer mit gepflegten Hosen, Hemd mit Krawatte, wobei die Farbpalette hier nicht so streng ist. 
  • In den Chefetagen der Banken sind teure, maßgeschneiderte dunkle oder dezent gestreifte Anzüge, oft mit „Waistcoat“, ein absolutes Muss. Was könnte konservativer sein als viel Geld? :-)

Geschäftstreffen

Wenn Sie nicht schon vorher den Dress Code Ihres britischen Gesprächspartners kennen, tragen Sie am besten einen eher konservativen Anzug oder Blazer mit passender Hose in dunkelblau oder grau. Damit sind Sie sicher und können sich bei späteren Treffen mehr dem Partner anpassen.

Bei Seminaren oder Treffen außerhalb der Geschäftszeit ist der Dress Code entspannter, z.B. Sakko zur Hose, manchmal ohne Krawatte. Wenn die anderen total leger erscheinen, kann man sich einfach mit einem Lächeln entschuldigen und sagen, dass man nicht genau wusste, welcher Dress Code vorgesehen war.

Bei einem formellen Dinner wird oft vorher ein Dress Code angegeben. Wenn „Evening Dress“ verlangt wird, sollten Sie als Mann die Chance wahrnehmen wie James Bond im Smoking mit Fliege aufzutreten und als Frau ihr bestes langes Kleid tragen.

Smart Casual

Smart Casual besagt eigentlich „Wir wollen nicht so förmlich sein wie sonst, uns aber doch ein bisschen Mühe mit der Bekleidung geben.“
Sakko bzw. Blazer zu einer gepflegten Hose mit Bügelfalte (am besten keine Jeans). Eine Krawatte ist nicht unbedingt notwendig, auch farblich haben Sie viel mehr Freiheit. Ohne Jacket geht auch, solange es aussieht, als ob man sich ein bisschen Mühe gegeben hat. Frauen genießen wieder wesentlich mehr Freiheiten hinsichtlich der Farben und Kombinationen.

Die allgemeine Regel

Wenn Sie wegen des Dress Codes  bei einem Treffen oder einer Veranstaltung unsicher sind, ziehen Sie einfach einen Anzug oder Sakko mit passender Hose in grau oder dunkelblau an, Hemd und Krawatte als Mann. Als Frau kommen Sie mit einem Blazer und dezenter Bekleidung in nicht zu auffälligen Farben zurecht.

Es ist immer besser, ein wenig „overdressed“ zu sein als zu leger. Eine Krawatte und ein Sakko können abgelegt werden, wenn Sie auf einen entspannteren Dress Code treffen.

Widerstand gegen Anzug und Jacke

Eine weitere Bemerkung dazu, wie die Briten ihre Anzüge und Blazer tragen.

Viele von uns mussten Schuluniformen tragen. Erfinderisch und rebellisch, wie die Jugend oft ist, ging es daran, die Grenzen der Uniform auszutesten. Die Krawatten wurden locker oder zu kurz gebunden, oft mit offenem Kragen. Hemden hingen absichtlich halb aus der Hose.

Ein guter Teil der Schulabgänger wollen dann keine „spießigen“ Uniformen mehr tragen. Ich selbst habe erst wieder bewusst Krawatte und Sakko zur Arbeit getragen, als ich, etliche Jahre nach Studium und Forschung im Labor, ins Management kam.

Wenn Sie nun nach Großbritannien kommen, durch das Land reisen und eine freie Minute haben, beobachten Sie die Leute, die Sie Treffen oder während der Reise sehen. Mit der Zeit bekommen Sie ein Gespür für die Kleidungshierarchie und die Einstellung des Anzugträgers zur eigenen Bekleidung; ob sie sich stolz im Blazer präsentieren oder einfach ihre Berufsbekleidung tragen. Viel Spaß dabei!

Ich bedanke mich bei Angelika Mix für die sprachgerechte Textbearbeitung in deutsch :-)

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